Die rechte Zeit für Mann und Frau

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.09.2013, Nr. 216, S. T6, Monika Schramm

Schmuckstück, Uhr oder beides: Kairos mit Wechselsystem

Damen- und Herrenuhr Kairos rund

Am Anfang war die Zeit, dann kam der günstige Zeitpunkt, dann kam Kairos. So heißt nicht nur der rechte Augenblick, sondern auch ein Wechselsystem, bestehend aus einer Armspange und zwei verschiedenen Uhrgehäusen. Entworfen und umgesetzt hat es Thomas Heinz, ein kreativer Goldschmiedemeister, der in einem sonnendurchfluteten Atelier im Westerwald arbeitet, und es schmückt Männlein und Weiblein gleichermaßen.

Basis ist die Armspange, die separat als Schmuck getragen werden kann und in die wahlweise eine rechteckige oder eine runde Uhr eingeklinkt wird. Die offene Spange wird mit einer Uhr zu einer geschlossenen Einheit, an der es weder Bandanschlüsse noch Hörnchen, noch sonstige Unterbrechungen gibt. Sie wird dem künftigen Träger oder der Trägerin auf den Arm geschneidert. Heinz dreht sie aus einer massiven Stahlwelle, legt sie mit Goldband aus, verlötet dieses und bördelt es dann von innen nach außen um den Stahlkern herum. Auf der Haut trägt man bei dieser Konstruktion also das Gold. Schon auf der Drehbank werden die Rillen in den Stahl gedreht, die der Spange ihr charakteristisches Aussehen verleihen. Nach dem Bördeln wird brüniert, das heißt, der Stahl wird dunkler gemacht, er soll »unedler« aussehen als Gold, denn das Gesamtkunstwerk lebt von dem Gegensatz zwischen den beiden so unterschiedlichen Metallen. Die Kombination von zähem Gold und federndem Stahl ist eine ideale, meint Heinz, auch deswegen, weil der Stahl Löttemperaturen aushält, ohne sich mit dem Gold zu verbinden.

Nach dem Bördeln wird der runde Rohling aufgeschnitten und mit hohen Kräften in die gewünschte Form und Größe des Handgelenks gebogen, danach schneidet Heinz ein Stück von 32 Millimeter heraus, in das beide Uhrgehäuseformen passen. An den jetzt offenen Kanten lötet er goldene Enden an, hier wird nicht mehr gebördelt, auch wenn es so aussieht. Nach dem Finish ist die 18 Millimeter breite und etwa 60 Gramm leichte Spange »betriebsbereit«, sie ist für sich allein ein Schmuckstück, bei dem eine Schattenfuge zwischen dem goldenen Bördelrand und dem dunklen Stahl die Materialien optisch fein voneinander trennt.

Wer nicht beide Uhren haben will, muss sich jetzt entscheiden: Wäre die rechteckige die richtige, deren Gehäuse etwa doppelt so lang wie breit ist (40 × 19,5 Millimeter) und ein Quarzwerk enthält, oder die neueste Kreation, das runde Gehäuse (mit einem mechanischen Eta-Automatikwerk), mit einem Durchmesser von 40 und einer Höhe von neun Millimeter? Heinz setzt Werke in Container-Bauweise ein, das heißt, das jeweilige Uhrkaliber sitzt separat im zweischaligen Gehäuse. Bei dieser innovativen Befestigung wird die Armspange von beiden Seiten etwa vier Millimeter weit durch die eingearbeiteten Öffnungen ins Gehäuse geschoben und eingeklinkt, sie hält aufgrund ihrer Spannung dort fest. Diese Spannkraft bei nur zwei Millimeter Materialstärke verdankt sie der Herstellungsart.

Das Gehäuse besteht aus 750er Gold, allein das »Bodenblech« ist einen Millimeter stark. Das eigentliche Uhrgehäuse ist wasserdicht, sollte Wasser durch die Schlitze im Außengehäuse eindringen, kann es unten einfach herauslaufen. In die Lücke der Spange passt auch die rechteckige Uhr, deren 26 × 10 Millimeter großes Edelstahl-Zifferblatt gewölbt ist; den Ausschnitt für das Saphirglas feilt Heinz von Hand und setzt dieses passgenau ein. Das klingt einfacher, als es ist, denn viereckige Gläser sind sehr viel schwerer in ihren Fassungen abzudichten als runde. Die Werke lässt er von einem Uhrmacher einsetzen, der sie vorher noch verfeinert. Auffällig sind die sechs Millimeter breiten Lünetten der Uhren, sie umrahmen das puristische Zifferblatt, auf dem nur die beiden schwarzen Minuten- und Stundenzeiger aus der Mitte agieren; die Kairos mit Automatikwerk hat zudem eine Datumsanzeige bei der „6“ und gibt durch ihren Glasboden den Blick frei auf Werk und Rotor. Für diese Uhr braucht Heinz 25 Gramm des Edelmetalls und viel Zeit. In den Stücken steckt jede Menge Handarbeit, nicht zuletzt für das Satinieren und den seidenmatten Glanz der Gehäuse.

Mit der Automatikuhr kostet die Kairos 8490 Euro, mit dem Quarzwerk 6170 Euro, die Spange allein ist für 2200 Euro zu haben. Wer wechseln will, nimmt alle drei Teile und kann die Uhren wahlweise einhängen. Heinz verrät natürlich auch den Trick, mit dem man sich die Spange problemlos anlegt. Dann fehlt nur noch der rechte Augenblick für die Entscheidung. Vielleicht kommt er, wenn es auch eine quadratische Ausführung gibt — die ist in Arbeit.

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